Anmerkungen zum „biologischen“

In jüngster Zeit gehört zu den Argumenten, die von Winzern am meist diskutiert und gebraucht werden, der biologische Weinbau. Den vom Gesetz her definierten „biologischen“ Wein gibt es noch nicht, aber das Wort „biologisch“, dicht gefolgt von „biodynamisch“, liegt auf den Zungen der Erzeuger, Weinliebhaber, Journalisten etc., etc.
Wir selbst besitzen die biologische Zertifizierung für unsere Weinberge zur Rotweinerzeugung. Somit stammen die Weine Carmenere Più, Bradisismo, Oratorio di San Lorenzo und Campo del Lago aus biologischem Anbau.
Bewusst verwenden wir dieses Thema nicht als Verkaufsargument. Oder besser gesagt, wir freuen uns, mit jedem darüber zu sprechen, der uns um Auskünfte bezüglich der Eigenschaften unserer Weine und unserer Produktionsphilosophie bittet. Wir finden es allerdings fragwürdig, diese Argumente kommerziell zu nutzen, als eine weitere Angabe auf der Etikette.
Die Überlegungen, die hinter dieser Entscheidung stehen, ergeben sich aus einer Betrachtungsweise des Weins, die ich im Folgenden zusammenfasse.

In den letzten dreißig Jahren führte der beispiellose Wein-Boom zu einem schwindelerregend wachsenden Interesse. Stilrichtungen, Moden, alte und neue Anbaugebiete, Rebsorten und Philosophien wechseln sich in rascher Folge auf dem Markt ab.
Dies hat zu einer „Anpassung” des modernen Weins an eine Vielzahl anderer Konsumgüter geführt, die häufig ihre Ausstattung und Etikette ändern müssen, um das Interesse des Konsumenten zu wecken.
Allerdings ist es interessant festzustellen, dass die großen Wein-Klassiker, vor allem die französischen, von diesem Verlauf unbeeindruckt bleiben und ihre deutliche Identität bewahren, ohne eventuelle agronomische oder önologische Veränderungen unmittelbar zu kommunizieren. Viele von ihnen werden schon seit langem aus biologischen oder ähnlichen Trauben erzeugt, aber es fehlt ein direkter Verweis darauf. Der Grund dafür liegt darin, dass man den Konsumenten nicht davon ablenken möchte, was das eigentliche Ziel unserer Arbeit ist: die Güte des Weins.
Jegliches Adjektiv wie biologisch, biodynamisch, natürlich, etc. beweist an sich nicht die Güte eines Weines, aber es versetzt den Konsumenten in eine – vielleicht zu – positive Stimmung gegenüber dem Produkt, bevor er es überhaupt verkostet hat. Wie viele von uns haben Weine getrunken, die sich mit diesen Attributen schmückten, und sie am Gaumen dann als schlecht empfunden? Ich glaube, viele.
Deshalb tragen die Verwendung und Einführung neuer Adjektive im Namen einer größeren „Natürlichkeit” des Weines nicht dazu bei, den Gaumen des Konsumenten zu schulen, sondern sie verleiten ihn dazu, sich einer neuen, wenn auch gesunden, Mode zu zuwenden, die sicher nicht die Güte des besagten Weines besiegelt. Ideal wäre genau die gegenteilige Vorgehensweise: eine „blinde“, wir würden sogar sagen, eine etwas abgelenkte Verkostung, aus der die Güte deutlich und eher unerwartet hervorgehen muss.
Gute agronomische und önologische Praktiken sind für diesen Zweck mit Sicherheit notwendig. Aber sie bieten dafür keine Garantie.

Stefano Inama

Der heimische boden und der Soave Classico

Was ist der Vulkanboden? Es ist schlicht der heimische Boden, der ursprüngliche, der direkt dem glühenden Mantel unter der Erdkruste entspringt.
Aktive Vulkane spuken noch heute sehr viel Lava aus. Aber der vulkanische Boden macht nur 1% der Erdoberfläche aus. In Italien entspricht diese Oberfläche hingegen 4-5% des nationalen Gebietes. Warum so wenig?
Mit der Zeit verändert sich der vulkanische Boden und bietet die Grundlage für lauter andere Bodenarten. Deshalb könnte man die vulkanische Erde als die „Mutter“ der anderen Bodentypen bezeichnen.

 
Und was ist so besonders an der vulkanischen Erde?
Die Mineralien in ihrer ursprünglichen Art, die den Pflanzen bestimmte Komponenten verleihen. Im Fall der Traube beeinflussen sie sehr den Geschmack des Weins, der eine typische mineralische und florale Note erhält.
Die antiken Römer waren sich dessen sehr bewusst und wählten deshalb den Weißwein, der auf Vulkanböden entstand, als beispielhaft für seine Güte.
In Zentral- und Süditalien ist der Vulkanboden sehr präsent, zum Beispiel in den Gegenden um Rom und Napoli, im Norden von Latium, auf Sizilien (im Gebiet vom Ätna und dem der Monti Iblei), auf den kleinen Inseln im Süden und im Vulture-Gebiet in der Basilikata.
Aber im Norden gibt es kaum Vulkanböden außer in dem Gebiet des Soave Classico und in wenigen anderen kleinen Zonen.
Aus diesem Grund pflanzten die antiken Römer, als sie in den Norden Italiens kamen, zuerst Weinreben in der Gegend, die schließlich zum Classico-Gebiet des Soave werden würde.
Wir verfügen also über ein außergewöhnliches und urtümliches Vermächtnis historischer und kultureller Bedeutung, das aber vor allem unnachahmliche Geschmäcker und Düfte mit sich bringt, die dieser Wein in sich bewahrt.

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Rebsorte Gegen Gebiet

Die ganze Welt identifiziert die meisten Weine mit dem Namen der Rebsorte,aus der er gewonnen wurde:
“Kšnnen Sie mir bitte ein Glas Chardonnay geben? Ich hŠtte dagegen gerne einen Cabernet Sauvignon.“
Nichts ist normaler zwischen zwei Freunden in einer Weinstube. Allenfalls fŸgt man der Rebsorte den Namen des Winzershinzu. Aber noch šfter wissen wir nicht,was uns erwartet, wenn wir das Gebiet, in dem dieser bestimmte Winzerseine Weinberge besitzt, nicht kennen.

In den meisten FŠllen geht das Interesse des Verbrauchers bis hier her, da nur die Liebhaber weiter gehen und versuchen, mehrdarŸber zu erfahren und zu verstehen,aus welchem Gebiet ein bestimmter Wein stammt.
Die Bezeichnungen und/oder Namen der Orte, wo seit Jahren Wein hergestellt wird, dŸrften uns zu Hilfe kommen. Wenn ein bestimmtes Gebiet seit mehreren Jahrhunderten Wein hergestellt hat (und herstellt) und das Interesse daran Ÿber die Zeit bestehen geblieben ist, wurde dem Wein meistens ein Name gegeben, der mit dem Gebiet und nicht mit der Rebsorte zusammen hŠngt: Soave, Chianti, Verdicchio, Valpolicella, Barolo, Brunello, usw.
Wenn dann das bestimmte Gebiet schon seit dem Altertum (z.B. der Ršmerzeit)Wein hergestellt hat, wurde dieser Wein zum Classico: Soave Classico, Chianti Classico, usw.
In diesen Weinen wird die Zusammensetzung der Rebsorten zu Recht nicht erwŠhnt. Das Gebiet bestimmt die Eigenschaften des Weins.
Aber dieser wesentliche Punkt entgeht den meisten Verbrauchern. Die Neugier beginnt, wenn auf dem Etikett keine Rebsorte erwŠhntwird: Aus welchen Rebsortenwurde der Soave Classico gewonnen? Der Wein, der seit der Ršmerzeit hergestellt wird, hat sicherlich in erster Linie seine ursprŸngliche Sorte beibehalten, die Garganega.
Andere Classico Weine dagegen haben im Laufe der Jahrhunderte ihre Zusammensetzung der Rebsorten geŠndert. Warum?
Offensichtlich lieferten diese nicht die besten Ergebnisse, um jenes bestimmte Gebiet aufzuwerten und daher wurden bessere Sorten eingefŸhrt.
Dies zeigt, dass den Herstellern die WertschŠtzungdes Weinbaugebiets mehr am Herzen lag als die Rebsorte.
Dieses besonders wichtige Konzept wurde bis heute nicht genŸgend zum Ausdruck gebracht.
Das Konzept von Gebiet/Besonderheit/Einzigartigkeit einesWeins ist bei weitem das Wichtigste, das den Wein von allen anderen GetrŠnken unterscheidet. Der einzigartige und unvergleichliche Geschmack rŸhrt von dem Gebiet her, an das sich bestimmte Sorten angepasst haben, indem sie ihre Zusammensetzungsmerkmale geŠndert haben.

Daher sind im Fall der Gebietsweinedie Rebsorten nur die „Ziegelsteine“, mit denen man baut. Das Gebiet (von dem der Mensch ein fester Bestandteil ist) ist der Architekt, der den Palast–den Wein entwirft.
Je prunkvoller, komplexer, einzigartiger es wird, desto sicherer kšnnen wir sein, meisterhaft ausgedrŸckt, ein gro§artiges Gebiet vor uns zu haben. Die sortentypischen Merkmale verschwinden und machen Platz fŸr eine einmalige, elegante und einzigartige KomplexitŠt.
M.me De Pompadour behauptete in einem ihrer Aphorismen „Ich mag den RomanŽe-Conti, weil er nicht nach Pinot noir schmeckt“.
Wenn es dagegen kein gro§artiges Gebiet gibt, hat der Wein einen „sortentypischen“ Geschmack, den wir als „Geschmacksgrundlage“ des Weins betrachten mŸssen. Das hei§t, der Wein drŸckt die primŠren Merkmale der Traubenzusammensetzung aus. Aber er geht nicht darŸber hinaus. Er ist oft banal, eintšnig, vorhersehbar.
M.me De Pompadour verabscheute sogar die Sortentypischen Merkmaledes Pinot Nero aus Burgund…

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